Montag, 22. Juni 2015

ZehnGrammFotografie - #5 Sommeranfang

Es ist Sommeranfang. Zumindest auf dem Papier. In der Realität sieht die Sache schon ein wenig anders aus. Letztendlich ist dieses Datum aber auch nur eine Ansammlung von Zahlen auf einem Stück Papier, das man Kalender nennt und irgendwann von irgendjemand mal erfunden wurde. Sollen doch diese Römer gewesen sein, oder?
Denn letztendlich ist doch Sommer dann, wenn man Sommer fühlt. Und für mich war dieses Gefühl definitiv letztes Wochenende, als mich zwei Freundinnen genau im richtigen Moment in München besucht haben. Und München im Sommer bedeutet automatisch Isar ... und Vorhoelzer Café ... und Englischer Garten ... und Flohmarkt ... und allen voran bedeutet es Brotzeit im Biergarten. Eine der besten Erfindungen südlich des Weißwurstäquators. Ja ich weiß, Klischee hoch drei, aber warum soll man das Unausweichliche verschweigen, wenn es eben unausweichlich ist. Aber nun genug der Wort, denn schließlich ist der Sommer eine Zeit der Bilder. Seht selbst:













Freitag, 19. Juni 2015

ZehnGrammFilme - #5 Jurassic World

Was zur Hölle ist die Faszination von Dinosaurier? Ich meine,  ich weiß um die glühende Anziehungskraft von allem was in irgendeiner Art alt oder vintage ist. Aber reicht Nostalgie mittlerweile auch bis in die Zeit von T-Rex & Co zurück? Oder ist es doch einfach die unnachahmliche Arroganz, die wir bei dem Gedanken verspüren, dass wir noch leben und diese ach so bösen Tierchen nicht mehr? Was es am Ende auch ist, es verhalf Jurassic World schon jetzt dazu in die riesigen Fußstapfen (pun intended) von Spielbergs Original aus den 90ern zu treten ... zumindest finanziell gesehen.





Spricht man aber von der Qualität so sieht das schon ein wenig anders aus. Ja prinzipiell durchlebt der gemeine Kinobesucher sogar mehrere Deja-vu’s beim Anblick von Jurassic World: Zwei Kinder besuchen eine prähistorische Attraktion, in der Dinosaurier gentechnisch neu geschaffen wurden. Natürlich passiert das unausweichliche. Ein besonders böser, böser, böser Dino reißt aus, die Kinder verlaufen sich im Dschungel und rennen dabei um ihr Leben. Ein Familienmitglied, ein total cooler, kompetenter Dino-Flüsterer und der besessene Parkbetreiber und Erfinder eilen zur Hilfe. Dazu noch einen angemessen, übergewichtigen Bösewicht und schon wird wieder munter mit der Moralkeule um sich geschlagen. Wenn euch das bekommt vorkommt, dann könnt ihr euch wahrscheinlich denken, dass der Film nicht vor Überraschungen  strotzen wird. Eines muss man dem 4. Teil der Reihe aber lassen. Der „Nervfaktor“ der Kinder hält sich dieses Mal zum Glück in Grenzen. 

Subtrahiert man aber die Grundstory so bleibt am Ende ein actionreiches CGI-Feuerwerk mit einigen sehr netten Easter Eggs und Anspielungen auf Spielbergs Meisterwerk. Und recht viel mehr will dieser Film auch nicht sein. Er dient dem Original als Hommage ohne es zu persiflieren und spinnt die Geschichte im angemessenen Maße weiter. Die Schauspieler, allen voran Chris Pratt, überzeugen in ihren doch eher eindimensionalen Rollen und sorgen für den ein oder anderen Lacher. 






Im Großen und Ganzen also ein Runde Sache, der es aber an Charme fehlt. Und das liegt vor allem an den übertriebenen Animationen der Tiere. Schaffte es Spielberg noch zum Großteil mit mechatronischen Repliken und ohne Special Effects den Urtieren Leben einzuhauchen wirken hier die meisten Dinosaurier unwirklich, billig und viel zu vermenschlicht. Ein Problem, dass heutzutage aber leider nicht allzu selten vorkommt. Ich frage mich immer, wieso trotz des technologischen Fortschrittes die Animationen teilweise früher realistischer aussahen als heute? Da dies aber wieder ein anderes Thema ist, will ich an dieser Stelle nur auf folgenden Artikel verweisen, der dieser Frage sehr anschaulich am Beispiel von Jurassic World auf den Grund geht:

http://www.cracked.com/blog/6-reasons-expensive-films-end-up-with-crappy-special-effects/

Jurrasic World ist aber all seiner Schwächen zum Trotz doch immer noch ein Popcorn-Blockbuster vom feinsten und damit universell ansprechend egal ob für Männlein oder Weiblein oder ob für Alt oder für Jung. Mein Tipp also: Hirn ausschalten und die Logik im Parkhaus stehen lassen. Und vielleicht ist das ja die Antwort auf die Frage nach der Faszination: Die Unwirklichkeit, das Unfassbare und das Unvorstellbare. Schließlich war ich als Kind auch besessen von Langhälsen und Triceratopsen, als ich meine Logik noch irgendwo in der Kiste zwischen Lego und Gummibären versteckte. Also passt auf, vielleicht weckt Jurassic World ja wieder das Kind in Euch.


6 von 10 g Zucker

Montag, 25. Mai 2015

ZehnGrammBacken - #1 Macarons

Eine neue Kategorie! Ich verspreche es ist vorerst (wieder einmal) die letzte. Wer mich einigermaßen gut kennt, der weiß, dass ich in regelmäßig Abständen in den unendlichen Weiten der Youtube-Backchannels versinke. Da man aber vom Zuschauen alleine nichts lernt, muss das geschaute auch umgesetzt werden. Außerdem dachte ich mir, wenn mein Blog schon ZehnGrammZucker heißt, dann kann ich auch meinen Senf zum Thema Backen dazu geben ... Ok ... falsche Wortwahl.




Es geht also um Macarons. Diese kleinen putzigen und bunten Dinger, die man für viel zu viel Geld in total hippen Vintage-Cafés immer kaufen kann. Und wie es der Zufall so will, bin ich seit kurzen stolzer Besitzer des Buches Macarons für Anfänger von Aurélie Bastian. Ach, das klingt doch schon so wunderbar francais, da kann eigentlich gar nichts mehr schief gehen. Wären diese Macarons nicht so verdammt empfindlich. 




Wir haben anfangs gleich den Tipp aus dem Buch beherzigt und alle Zutaten sorgfältig vorbereitet und abgewogen. Sogar das Eiweiß!!! DAS EIWEISS!!! Da wir es uns einfach machen wollten für den Anfang, haben wir uns für stinknormale Macarons in nur einer Farbe entschieden, nämlich rosa. Schließlich bin ich erstmal 1h durch München gelatscht, nur um rote Lebensmittelfarbpaste zu finden!






Prinzipiell ist die Zubereitung aber ziemlich simpel. Eiweiss mit Zucker aufschlagen, Lebensmittelfarbe hinzufügen und danach die extra feine Mandelmehl-Puderzucker-Masse unterheben. Und hier beginnt der heikle Part: Die Masse darf weder zu flüssig noch zu fest werden, ansonsten gehen die Macarons nicht auf. Und an dieser Stelle dachte ich erstmals, dass wir grandios scheitern werden. Wir haben uns aber rigoros an das Buch gehalten, und sind damit eine gute Schiene gefahren. 





Nachdem die Macarons etwas auf dem Backpapier geruht und eine Kruste geformt haben, kamen sie in den vorgeheizten Ofen. Das war gleichzeitig auch der Moment, in dem ich nicht mehr zuschauen konnte. Hop oder top! Und zu unser aller Erstaunen wurden sie top. Man hörte die tausend Steine förmlich von unseren noch so jungfräulichen Bäckerherzen plumpsen. Einzig das letzte Blech backte etwas unförmig, was aber unsere Euphorie nicht schmälern konnte. 



Doch dies war erst die halbe, wenn auch die lästigere Kaltmiete: Es fehlte noch die Füllung. Auch hier entschieden wir uns für die Standardvariante der Schokoladen-Ganache in weiß und in vollmilch. Wir befolgten eins zu eins das Rezept und standen am Ende leider mit einer viel zu flüssigen Soße da. Die Sahne hatte sich zwar sehr gut mit der Schokolade verbunden, jedoch wurde das Endresultat einfach nicht fest genug. Aber wir wären ja nicht Studenten, wenn wir nicht zu improvisieren gewusst hätten. Nachdem wir die Masse einmal kurz aufgeschlagen haben, entstand eine wunderschöne und leckere Creme. 



Das Füllen war dann nur noch reine Formalität und das Essen sowieso. Ja wenn diese Macarons nicht so verdammt schön aussehen würden ... Obwohl die Zubereitung eigentlich recht simpel ist, war der Zeitaufwand doch etwas größer als gedacht. Vor allem aber Ruhe und Geduld sollte man bei diesen Schmuckstücken mitbringen. Und wenn wir das schon schaffen, dann ihr doch sicherlich auch! 



Damit ihr selber auch mal solche schönen Dinger backen könnt, hier noch einmal die Zutaten für ca. 20 Stück in stringenter Form: 

Für die Macarons: 
45 g gemahlene Mandeln 
75 g Puderzucker
36 g Eiweiß 
10 g Zucker (kein Scherz!!!) 
Lebensmittelfarbpaste nach Wunsch

Für die Ganache: 
100 g Vollmilchschokolade 
40 ml frische Sahne 
oder 
100 g weiße Schokolade
50 ml frische Sahne




Sonntag, 24. Mai 2015

ZehnGrammFernsehen - #5 ESC15 Finale

Als ich gestern Nachmittag mit dem Auto fuhr und nichtsahnend einen österreichischen Radiosender hörte, kommentierter der Sprecher den durchaus unterhaltsamen serbischen Beitrag mit den Worten: Fett ist das neue Schwul! Was soll man dazu noch sagen ... außer: Zum Glück ist der Eurovision Song Contest beides!




Vielleicht erklärt dies auch die 0 Punkte für Deutschland und für Österreich, mangelt es  ihnen doch eben an diesen beiden Qualitäten. Naja, wohl eher nicht. ... aber an was liegt es dann? Schließlich war Black Smoke ein durchaus hörbarer und gut produzierter Pop-Song und Ann Sophie hat ihn einwandfrei performt. Was soll also eine führende Wirtschaftsnation wie Deutschland noch tun, als das eh schon getane?  Vllt. sollte der NDR endlich mal von seinem Hipster-Thron herabsteigen und den Mut beweisen ESC taugliche Lieder auszuwählen. Entgegen allen Unkenrufen gibt es so etwas nämlich tatsächlich. Skandinavien-Pop geht immer und das sag ich nicht nur, weil Schweden dieses Jahr gewann. Eine kraftvoller Ballade gut vorgetragen versteht man auch universell in ganz Europa. Sich von der Konkurrenz abzuheben ist da schon ein viel größerer Drahtseilakt. 





Stattdessen sind wir und die ebenfalls recht vielversprechenden und sympathischen Österreicher irgendwo zwischen glitzernden Pallettenkleidern und Windmaschinen untergegangen. Und nein, das liegt nicht an der Nachbarschaftsliebe der Ostblockländer. Russland erhielt z.B. keinen einzigen Punkt aus Lettland, obwohl die dieses Jahr sogar angemessen gewesen wären. Russland überzeugte mit einer emotionalen Ballade und einer starken Performance. Es liegt auch nicht daran, dass alle Deutschland hassen.  2010 hat uns schließlich auch keiner gehasst als Lena gewonnen hat. Im Gegensatz zu Ann Sophie war sie eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort und außerdem verstand Raab es wie kein anderer Aufmerksamkeit und Publicity zu generieren. Nirgends ist es so wichtig präsent zu sein wie vor während und nach dem ESC. Der NDR scheint diesen Trend aber verschlafen zu haben. Facebook, Twitter und PR sind für die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt so was wie Fremdwörter. 





Ich muss dazu sagen, dass ich ein großer Verfechter des ESCs bin. Wo sonst kompetieren so gut wie alle europäischen Länder friedlich an einem Abend um eine augenscheinlich wertlose Trophäe und unterhalten damit über 100 Mio Menschen? Der ESC ist Trash, er ist lustig, er ist unpolitisch (ja, verdammt nochmal das ist er) und dafür liebe ich ihn. Und hin und wieder finden sich dann auch noch ein paar Perlen der Musiklandschaft, welche man sich auch noch ein paar Jahre später anhören kann. So wie dieses Jahr Estland mit einer kühlen Pop-Ballade, der international marktreifen Dance-Nummer aus Australien oder dem elektronischen Lorde-Gedächtnis-Song aus Belgien. 







Vielleicht sollten wir anfangen diese Show als eben solche zu sehen und weniger verbissen an die Sache herangehen. Was nützt es uns, wenn plötzlich für ein Wochenende ganz Deutschland meint zum Musikexperten werden zu müssen und am Ende in Europa kein Hahn danach kräht. Schweden hat dieses Phänomen schon vor Jahrzehnten verstanden und ist dadurch Jahr für Jahr mit Leidenschaft dabei. Zeit sich eine Scheibe abzuschneiden und es sich aufs Knäckebrot zu legen. 


Douze point - la Suède! Bravo! 



Freitag, 15. Mai 2015

ZehnGrammFernsehen - #4 Germany’s Next Topmodel 2015

Welch Ereignis: Heidi Klum, Master of Modelling in Germany, sucht mal wieder ihre x-te Nachfolgerin. Was heißt Nachfolgerin, eigentlich sucht sie eher nach Schosshündinnen, schließlich darf und kann ihr keiner das Wasser reichen. KEINER! 
Naja, bis auf eine total hirnverbrannte und humorlose Person, die meint, es wäre doch total lustig bei ProSieben anzurufen und eine Bombendrohung aussprechen. Gesagt, getan. Der Rest des Abends ist dann im wahrsten Sinne Geschichte. Die SAP-Halle in Mannheim wird geräumt, die Werbung künstlich verlängert und irgendwann startet dann der Film "Blind Side" mit Sandra Bullock. Wer meint damit sei nun das größte Übel vorbei, der hat sich mächtig geirrt! 


(Quelle: ProSiebenSat. 1 Media)


Man kann ja über GNTM sagen was man will, aber nicht, dass es nicht ein gewisses Maß an Unterhaltung biete. Oftmals muss sich die Model-Maschine von ProSieben aber von sogenannten Kritikern anhören sie sei niveaulos, menschenfeindlich und würde die Mädchen bloßstellen. Einige dieser Punkte mögen vielleicht sogar in gewisser Weise zutreffen, aber welcher Sturm aus Pietätlosigkeit und Unmenschlichkeit gestern Abend dann über Twitter zog, überbot selbst das noch so niveauloseste Nackt-Shooting von Germany's Next Topmodel

Die TV-Zuschauer schienen sich dabei gestern in 3 Kategorien aufzuspalten: 
1. Der Niveulose: Dieser Internet-User macht gerne total kreative Witze, die weit über das Ziel hinaus schiessen, einzig zu dem Zwecke die innere Geilheit zu befriedigen. ("Bombenstimmung in Mannheim! GnTNTm!")
2. Der Moralapostel: Entgegen dem realen Leben weiß diese User im Internet alles besser. Er steht im ständigen Zwiespalt mit dem Niveaulosen und sieht sich im Recht. ("Spinnst du! Da sind Menschenleben in Gefahr!"
3. Der Fernsehkritiker: Er hinterfragt alles und jeden und sieht in allem das Böse und schiebt dabei jegliche Logik für einen guten Aufreißer zur Seite. ("Das ist doch alles geplant! Die machen das doch nur für die Quote! Böses Pro7!")




Was bleibt also von diesem Abend? Es bleiben vier Mädchen, die nur noch mehr zu bedauern sind, eine Vielzahl gedruckter Cosmopolitan-Ausgaben, die nie das Tageslicht erblicken werden, ein Wolfang Joop mit versteinerter Miene und vor allem die Erkenntnis, dass eine Bombendrohung anscheinend die einzige Möglichkeit ist heutzutage noch Aufmerksamkeit zu generieren. 

Wir leben also in einer Welt, in der jeder Mensch im Großen es vermag eine millionenteure Show zum Wanken zu bringen, und in der jeder Twitter-User im Kleinen meint seine Meinung sei wichtig. Ich schüttele den Kopf und denke mir: Ich hab heute leider kein Foto für euch!

Montag, 27. April 2015

ZehnGrammLeben - #9 Avengers: Age of Ungeduld

Eigentlich wollte ich hier an dieser Stelle eine Filmrezension schreiben zu dem Film The Avengers: Age of Ultron. Ein fulminantes Action-Potpourri mit richtig gut aufgelegtem Cast und für einem 150 min Superheldenfilm auch erstaunlich wenig Leerlaufzeit. Eigentlich! Am Sonntag Abend um ca. 19 Uhr änderte ich aber dann meine Meinung und das, obwohl ich den Film noch nicht mal gesehen habe. Es fällt mir nämlich was viel Essentielleres wie Schuppen von den Augen, was ich nun mit euch teilen möchte. 

Es geht schlicht und einfach um die mediale Ungeduld in unseren Köpfen und wie sie den Kinobesuch zerstört hat. Menschen können dank des großen, weiten Internets alles zu jeder Zeit abrufen, gleichbedeutend mit der unmittelbaren Gefahr, dass das Internet alles und jeden für dich abruft, bevor du es überhaupt willst. Sprich: Spoiler! Und nicht nur das. Die Halbwertszeit eines Filmes scheint enorm gestiegen zu sein, reziprok mit dem Verlust einer Aufmerksamkeitsspanne. Warum ist es uns so wichtig geworden einen Film schon in der ersten Woche zu sehen und nicht erst 3 Wochen später? Wieso müssen wir uns überhaupt Sitzplätze im Kino reservieren, wenn wir sie doch nicht abholen? Und wieso will ich eigentlich hinten in der Loge sitzen, auch wenn ich dort viel zu weit weg bin vom Geschehen und 16€ für einen 3D-Film mit Überlänge bezahle? 





Ganz einfach, wir haben alle Angst etwas zu verpassen. Wir fürchten uns so sehr davor, nicht das Beste vom Besten zu bekommen, und das natürlich als Erster, sodass wir unsere Aufmerksamkeit nach nur wenigen Wochen schon wieder dem nächsten Spektakel zuwenden. Oder würdet ihr heute noch in Fast & Furious 7 gehen? Wehmütig denk ich an die Zeiten zurück, als man Zuhause noch gegrübelt hat, wie viel vor Einlass man denn am besten dort sein sollte, um noch Karten zu bekommen, und ob der Film überhaupt so beliebt ist. Ja schon fast sehnsüchtig wünsche ich mir die Zeiten zurück, als man gerne noch 1-2 Wochen gewartet hat, um in Ruhe den Film schauen zu können. Aber dies ist wohl so unwahrscheinlich wie die Kinowerbung ohne „Will jemand ein Eis?“. 





Es heißt immer: Kino ist tot! Wenn ich mir aber am Wochenende das Mathäser in München anschaue – das größte Kino in der bayrischen Hauptstadt – dann ist das Kino alles andere als tot - im Gegenteil. Vor den Sälen herrscht ein Krieg um das größte Popcorn, um den besten Sitz und um das größte cineastische Wissen, der seine Toten erst noch fordern wird. Ein Krieg, den selbst die Avengers nicht verhindern können, mögen sie auch noch so stark sein und der Film noch so gut sein.

Sonntag, 19. April 2015

ZehnGrammLeben - #8 Die verlorene halbe Stunde

Es ist Samstagabend, die Chips-Tüte liegt bereit, das Bier ist kaltgestellt und um 20:15 Uhr läuft ein Film im Fernsehen den ich schon immer mal anschauen wollte. Ich springe also schnell unter die Dusche, versinke danach kurz in den endlosen Weiten von YouTube und danach gönne ich mir ein richtiges, hausgemachtes Schnitzel. Als dann meine fertige Mahlzeit vor mir auf dem Couchtisch steht, ich in der einen Hand mein Bier und in der anderen die Fernbedienung halte, ist es bereits 20:45 Uhr und der Film hat längst begonnen. Und schon hab ich keinen Bock mehr auf ihn und verlaufe mich ein weiteres Mal in den endlosen Weiten von YouTube. Wieder einmal wurde ich Opfer der verlorenen halben Stunde. 




Gefühlt seit ich mein Abitur gemacht habe, habe ich das unsägliche Gefühl, dass mir eine halbe Stunde meines Lebens irgendwo zwischen dem Stau auf dem Weg zum Zivi und der verpassten Vorlesung um 8:15 Uhr abhanden gekommen ist. Eine halbe Stunde die mich fortan immer genau dann in Stress versetzt, wenn ich eigentlich pünktlich irgendwo sein müsste. Meistens schaffe ich das auch, aber wie fantastisch wäre es, wenn mir diese 30 min tatsächlich gehörten und ich endlich den Freiraum für Entspannung selbst einplanen könnte.
Jetzt stellen sich für mich zwei Fragen. Erstens: Wo und wann habe ich diese halbe Stunde verloren, gleichbedeutend mit der Frage, ob ich sie irgendwo wieder finden kann? Und Zweitens: Geht es anderen Menschen auch so? 






Nun, die erste Frage lässt sich nur schwer beantworten, habe ich doch schon viel zu oft meine Zeit mit Banalitäten verplempert obwohl ich wusste, dass mir die Zeit dazu fehlt. Aber diese Ereignisse scheinen sich nicht zu kumulieren, es ist und bleibt nur eine halbe Stunde. Reichte also tatsächlich eine einmalige Verspätung, welche so in meinem Schicksal nicht eingeplant war und dadurch alle weiteren Termine nach hinten verschiebt? So ganz nach dem Motto „Final Destination“ nur eben nicht mit dem Tod als Hauptdarsteller sondern der Zeit? Heißt das nun auch, dass ich dem Ganzen sowieso nicht entfliehen kann, oder sollte ich morgen einfach nur eine halbe Stunde früher aufstehen, und alles ist wieder gut? Nein, das funktioniert so nicht. Glaubt mir, ich habe es versucht. Vielleicht gehört dieser leicht latente minimale Stress auch einfach zur heutigen Gesellschaft dazu. 






Und dies bringt mich zur zweiten Frage. Geht es noch irgendjemand anderen auf der Welt so wie mir? Sind meine 30 Minuten vllt. für jemand anderen sogar 42 Minuten? Oder hat jeder Mensch auf der Welt diese verlorene halbe Stunde, wodurch sich das Gefüge wieder egalisiert? Ich weiß es nicht! Letztendlich habe ich gelernt mich damit zu arrangieren. Solange es nur 30 Minuten sind und nicht 30 Stunden, lebe ich zumindest noch heute und nicht vorgestern, und das reicht mir schließlich vorerst aus. Den Film kann ich mir schließlich ja auch noch irgendwann auf DVD kaufen.

Montag, 13. April 2015

ZehnGrammLeben - #7 München - Tag & Nacht

Ach liebe Münchner, der folgende Text könnte eure Schickeria-Runde deutlich empören, und vielleicht sogar das Botox aus euren Adern spritzen lassen. Frei nach einem Zitat von Wir sind Helden: „Das ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten!“, scheint es nämlich, als versinke die bayrische Landeshauptstadt in ihrer unentschlossenen Sinnlosigkeit. Harte Worte, die ich als Provinzbayer da um mich werfe. Doch lässt sich dies leicht begründen. 

In letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass München - bzw. seine Party-Szene – nicht mehr so Recht weiß, wohin sie sich entwickeln soll. Auf der einen Seite wäre man gerne so hip wie Hamburg mit der Diversität von Berlin, auf der anderen Seite sind die P1-Stammgäste doch irgendwie total stolz auf ihr schlechtes Champagner-Image, das sie sich über Jahrzehnte aufgebaut haben. Clubs, Bars und sonstige Institutionen, welche irgendwo dazwischen und damit vielleicht genau richtig liegen werden verschluckt. Zu spüren bekommt man das dann der junge Student, der doch eigentlich einfach nur ein Bierchen trinken gehen wollte. 




Ein paar Beispiele: Ich wollte mit ein paar Freunden in meine Lieblingsbar, das Barer47 auf einen Absacker, nur kamen wir nicht rein. Begründung war, es rentiere sich nicht mehr. Wohlgemerkt es ist gerade mal 1 Uhr. Selbe Bar, anderer Abend und wir kommen rein ... aber auch nur für 1 Stunde, denn danach ist die komplette Bar für einen Geburtstag reserviert. WELCHER STUDENT zur Hölle reserviert eine GANZE Bar? Aber nun gut ... wieder anderer Abend, ein Samstag, und ich will mit ein paar Freunden feiern gehen und wir entscheiden uns für meinen Lieblingsclub: Club Sauna. Schließlich haben sie groß Werbung dafür gemacht, dass sie ihren 3-jährigen Geburtstag feiern. Nur blöd, dass man erst vom Türsteher erfährt, dass man Stammgast sein muss um da mitfeiern zu dürfen. Wie man Stammgast wird, konnten mir die netten Herren leider nicht verraten. Wir gingen also weiter. Unser nächstes Ziel war schon anvisiert. Auch dort kamen wir nicht rein, schließlich sei dort heute geschlossene Gesellschaft ... nur für Griechen. Ja ... an dieser Stelle erspare ich mich einen flachen Witz über die Europäische Fiskalpolitik und komme gleich zum Punkt. 




Fakt ist, es war Samstag und wir wussten nicht wohin wir gehen sollten. Ins 089? In die Milchbar? Oder gleich raus ins Willenlos? Nur um dann vor Ort das Blut einer Jungfrau opfern zu müssen um irgendwo reinzukommen und dann 3,50€ zu zahlen für 0,5 l Bier. Das klingt natürlich so hätte ich keine Alternativen, so ist es natürlich nicht. Aber wo bleibt der Spaß, wenn ich als einziger auf der Tanzfläche stehe und neben mir die leicht bekleideten Mädels ihre Beine übereinander schlagend in die Luft starren, während ihre Freunde mit dem Handy auf 9Gag surfen? 

Natürlich gibt es auch tolle Locations, die dem oberbayrischen Verfall entkommen konnten, wie z.B. das Café Kosmos, das Labor, das Beverly Kills, das X-cess oder das Atomic Café. Aber wer garantiert mir denn, dass es nicht wie Letzteres einfach mal durch einen Lacost-Laden ersetzt wird, während die Monotonie bleibt? Eben niemand. Also liebe Münchner: Feiert doch das nächste Mal eure Sweet 16 Party daheim, niemand wird euch für ein Wochenende vermissen. Der Provinzbayer will auch mal seinen Spaß.  

Dienstag, 31. März 2015

ZehnGrammFotografie: #4 Sturmtief Niklas

Man stelle sich den folgenden Text in schwarz-weiß und mit tiefer, sonoren Stimme vor: 

München, Ende März. Draußen geht gerade die Welt unter, wo doch eigentlich Frühling regieren sollte. Ich knie trist hier in meiner Studentenbude, Gummihandschuhe übergestülpt auf dem Boden und schrubbe von den Regalen den Staub der letzten Monate. Der Wind der Veränderung weht trübe über Maxvorstadt. Die Gegend scheint irgendwie verworren zu sein. Ich suche hier und da nach alten Überbleibseln, die mich vom Putzen ablenken und die Veränderung einen kurzen Moment anhalten. Das einzige was ich finde, sind Fotografien, welche zeigen wie schön die Stadt auch im Regen sein kann. Meine Stimmung erhellt sich ein wenig. Eure hoffentlich auch! 











Freitag, 27. März 2015

ZehnGrammFernsehen - #3 Echo 2015

Schon wieder Babara Schöneberger. Schon wieder eine Musiksendung. Schon wieder die ARD. Ja wird denn der Sender plötzlich jung und hip? Die Antwort lautet: Nein, wird er nicht!  

Gestern Abend ging im Ersten der deutsche Musikpreis der Phonoakademie über die Bühne – Der Echo Pop 2015. Und wie jedes Jahr feierte sich die Industrie mal wieder selber. Oder zumindest taten sie so als ob. Man merkte den meisten Insassen deutlich an, dass sie hier nur – zumindest körperlich – anwesend waren, weil sie A) nominiert waren für irgendeinen Preis, B) Promo für das neue Album via eines Auftrittes machen wollten oder C) weltbekannt sind, kein Wort Deutsch sprechen, eine Menge Kohle für den Auftritt bekommen haben und keine Ahnung von der unglaublich niedrigen Relevanz dieser Show haben. Versteht mich nicht falsch, ich bin selber ein großer Fan von manch deutscher Musik, und finde es richtig, dass es einen solchen Preis gibt, aber mit welch inflationären Willkürlichkeit dieses Metallsurfbrett vergeben wird ist einfach traurig. Noch schlimmer ist da eigentlich nur, dass es sich beim Vergabeprozess ja eigentlich gar nicht um Willkürlichkeit handeln sollte, die fehlenden Substanz dahinter aber jeglichem Belangen entbehrt. 


(Quelle: wikipedia.org/wiki/Echo_(Musikpreis))


Ein Beispiel: Helene Fischer – Die eierlegende Wollmichsau der deutschen Musikindustrie. Sie gewann gestern Abend ganze 4 Preise, u.a. für den Hit des Jahres Atemlos durch die Nacht! Man kann über das Lied streiten wie man will, kommt aber nicht umher zuzugeben, dass es wohl am präsentesten im letzten Jahr war. Außerdem gab’s für die blonde Vorzeigeostdeutsche noch den Echo für den besten Schlager und beste DVD – Produktion. Geschenkt! Aber wieso zur Hölle wird Farbenspiel zum zweiten Mal hintereinander mit dem Preis für das Album des Jahres ausgezeichnet? Gibt es nicht genug andere fantastische deutschsprachigen Alben die im letzten Jahr erschienen sind? Die Antwort ist ganz einfach: Doch! Aber es ist eben Helene Fischer. Wobei die ja eigentlich auch nichts dafür kann, schließlich lässt sich die deutsche Phonoakademie nicht so wirklich in die Karten blicken, nach welchen Kriterien der Preis verliehen wird. Fakt ist einzig und alleine, dass die Verkaufszahlen den größten Einfluss haben. Was ist also der Echo? Letztendlich nur ein weiterer Preis für all diejenigen, welche bereits am meisten ausgezeichnet sind.

Szenenwechsel. Oonagh, eine deutsche Pop – Sängerin wird als Beste Newcomerin ausgezeichnet. Eigentlich doch ganz ordentlich, wäre da nicht die Idiotie, dass sie bereits letztes Jahr für einen Echo als Beste Künstlerin nominiert war. Gleiche Kategorie letztes Jahr: Adel Tawil ist der beste "Neue" im Geschäft. Eben der Sänger, der zuvor mit Ich + Ich über Jahre unzählige Erfolge feierte und dabei immer alleine auftrat. Wären Milky Chance nicht so unglaublich hipster, so würden sie sich wohl ein wenig an's Bein gepinkelt vorkommen.
Nur wenige Beispiele aus dem Kabinett des Kuriosums, die zeigen, dass Kategorien so hin und her geschubst werden, wie es den Produzenten beliebt, sodass deren aktuellen Rampensäue im bestmöglichstem Licht dastehen.





Über die fehlende Qualität bei der Preisvergabe könnte man ja prinzipiell noch hinwegsehen, schließlich handelt es sich hier um einen Musikpreis, und Musik ist immer Geschmackssache. Aber hey, es ist DER f**king Musikpreis, und zwar einer der größten Musikmärkte auf der Welt. Wieso schafft es die ARD also nicht, eine anständige Show über die sprichwörtliche Bühne zu bringen? Oder will sie das auch gar nicht? Der Flugzeugabsturz des GermanWings Flugzeuges kam daher gerade recht, als gelungene Ausrede für einen langweiligen, griesgrämigen und lethargischen Abend, so scheint es. Von ausgefallen Performances und guten Liedern war weit und breit keine Sicht. Und dabei ist doch ein Stück Unbeschwertheit in Zeiten wie diesen eh schon viel zu rar gesät und von unbändiger Wichtigkeit. 
Sehnsüchtig denk ich da an Zeiten zurück, als Wir sind Helden noch zusammen mit Max Raabe das Lied Gekommen um zu bleiben performten, oder Fettes Brot bei der Comet-Verleihung 2015 eine unvergessliche Show mit An Tagen wie diesen hinlegten. Kurioserweise war das noch zu Zeiten in denen der Echo auf RTL präsentiert wurde. 

Lieber Echo, versuche nicht weiter deine Zuschauer zu verarschen, sie sind schließlich auch deine Kunden. Am besten bietest du das nächste Mal wieder so etwas wie kurzweiliges Entertainment. Die Euter der eierlegenden Wollmichsau können schließlich auch nicht ewig gemolken werden.

Sonntag, 22. März 2015

ZehnGrammFilme - #4 Insurgent

Spricht man von der Divergent Buch- und Filmreihe so kommt man nicht umher diese mit dem Hunger Games Franchise zu vergleichen. Beide erzählen die Geschichte einer jungen weiblichen Protagonistin in einem dystopischen, postmodernen Amerika, welche in drei Teilen gegen das zusammenbrechende Regime ankämpft. Und Hollywood wäre nicht Hollywood wenn sie diese Geschichten nicht verfilmen und die jeweils letzten Bücher nicht in 2 Teile aufspalten würden. So weit so profitgeil. Nur blöd für Divergent, dass Hunger Games einen solch großen, populären und kommerziellen Erfolg vorgelegt hat und nicht nur das, sondern diesen mit dem 2. Film Catching Fire auch noch übertroffen hat. Es gelang den Machern also das fast Unwahrscheinliche, indem die Fortsetzungen besser war als das Original. 




Insurgent schickt sich in diesem ungleichen Duell nun an, in die Fußstapfen der großen Schwester zu treten. Dass die Grundprämisse durchweg anders ist liegt auf der Hand. Der erste Teil „Divergent“ war sowohl erzählerisch als auch schauspielerisch etwas mau, kam über reines Popcorn Kino nicht hinaus wusste aber zumindest zu unterhalten. Insurgent setzt nun da an, wo Divergent aufhörte. Tris floh zusammen mit ihrem Love Interest Four, ihrem Bruder Ansel und dem Ferox-Kollegen Peter außerhalb der Zäune des futuristischen Chicagos. Die Ken, unter der Führung von Jeanine, haben mittweile die Stadt übernommen und die Einwohner gegen die Ferox verschworen. Tris plant nun ob ihrer inneren Zerrissenheit die Rache für den Tod ihrer Eltern und die Befreiung der Stadt. Für alle, die jetzt kein Wort verstanden haben: Dieses Wissen ist Grundvorrausetzung für das Grundverständnis. 




Und auch wenn diese Handlung nicht besonderes kreativ klingt, funktioniert sie im Film doch um einiges besser als noch im ersten Teil. Die Drehbuchautoren hängen sich nicht lange an irgendwelchen Floskeln auf und wechseln relativ flott die Standorte der Charaktere, sodass nur selten Zeit zum Durchatmen bleibt. Am faszinierendsten ist jedoch, dass der Film eine durchaus ungewöhnliche Eigenschaft für Sequels aufweist: Er ist in sich abgeschlossen. Ja man könnte sogar vermuten es wäre das Ende der Geschichte und es wäre sogar ein Gutes. Nun wissen wir, dass es nicht so ist, aber ich begrüße diesen Schritt auf Höchste und wage sogar zu behaupten, dass dies die beste Eigenschaft des Filmes ist. Am Ende sitzt man mit offenen Mündern im Kino, wurde zwei Stunden exzellenter Unterhaltung ausgesetzt und zu keinem Zeitpunkt enttäuscht. Einzig die schauspielerische der Jungdarsteller fällt gegenüber Größen wie Naomi Watts und Kate Winslet deutlich ab, ganz zu schweigen vom völlig unnötigen 3D, welches nur in ein oder zwei Szenen etwas mehr Tiefe in das Geschehen brachte. 

Und da haben wir wohl auch schon das große Manko der Divergent Serie. Während Jennifer Lawrence eine exzellente Heldin und Ikone abgibt und diese auch noch in all ihren Facetten widergeben kann, bleibt Shailene Woodley als Tris etwas blass. Der Charakter ist eindimensional aber letztendlich ordentlich gespielt. Die gute Drehbuchumsetzung sowie die imposanten Simulations- und Actionsequenzen werten die Filmreihe im Vergleich zum Vorgänger deutlich auf. Somit kann ich diesen Film nur allen wärmstens empfehlen, die Gefallen an der Story und den Figuren gefallen haben und vergebe somit ...


8 von 10 g Zucker

Freitag, 20. März 2015

ZehnGrammLeben - #6 Rocky Horror Show


Donnerstag, 19. März 2015 um ca. 21 Uhr. Über mich regnet es gerade Konfetti. Mein Herz pocht ob der Verschmelzung aus Licht und Akustik. Der Mann vor mir hat ein schwarzes Sacko an, zumindest vermute ich das hinter den bunten Papierschnipseln. Ich schau auf meinen Füßen hinab und von dem tiefroten Samtteppich des Deutschen Theaters in München ist kaum mehr etwas zu erkennen. Stattdessen zieren ein Hut aus Zeitungspapier, Toilettenpapier und eben ein Meer aus Konfetti den Boden. Dies alles kann nur eines bedeuten: Ich befinde mich gerade in der Rocky Horror Show! Mittendrin statt nur dabei. Erst einmal aber die Sitze verlassen, Füße vertreten und Konfetti abschütteln. Unsere Nachbarn schauen uns mit einem schelmischen Grinsen an und loben uns mit voller Bewunderung: „Ganz schön gut ausgerüstet!“. Und dabei ahnen Sie nicht, was noch in der 2. Hälfte auf sie zukommen wird bei dieser ach so wunderbar verrückten Bühnenshow über Horror, Menschenversuche, Nazis und Transvestiten. 





Ich bin weiß Gott kein großer Fan von Musicals. Diese Überinszenierung aus Glitzerkostümen, endlosen Sologesangspassagen, Pathos und Stummfilm-Gedächtnis-Gestiken überreizen oftmals nicht nur meine sämtlichen Sinne sondern auch meine Geduld. Wieso zur Hölle redet ihr nicht einfach miteinander anstatt zu singen? Dass dieses Denken überaus naiv ist, gebe ich gerne zu. Schließlich wurde ich gestern eines besseren belehrt. Richard O’Briens Musical ist Kunst um der Kunst willen, Musik um der Musik willen und Inszenierung um der Inszenierung willen. Und diese drei Aspekte zusammen lösen in dem Zuschauer eine Euphorie aus, welche eine West Side Story nie entfachen könnte. Der skandalöse Fakt, dass die Rocky Horror Show bei der Uraufführung in den 70ern am Broadway und bei den Tony Awards fast komplett übergangen wurde, zeigt letztendlich nur, wie weit die Darstellung seiner Zeit voraus war. Männer in Strapsen, Aliens mit Laserkanonen, angedeuteter Oralsex auf der Bühne und stets eine Prise Selbstironie verstören und unterhalten bei dieser cineastischen Persiflage gleichermaßen. Getreu dem Opening Song: Science Fiction / Double Feature






Um was es in der Rocky Horror Show letztendlich genau ging, haben wir auch nach längerer Diskussion immer noch nicht so wirklich verstanden, aber dafür gibt es schließlich ja Wikipedia. Und wem stört es, machte doch die extravagante, unterhaltsame und zum mitmachen einladende Inszenierung all das wett. Die Interaktion mit dem Publikum und das zeitweise Durchbrechen der vierten Wand reißt sogar den größten Musical-Muffel aus dem gepolsterten Sessel der Gleichgültigkeit. Ganz zu schweigen von der schier nie enden wollenden Ausdauer und Lust am Spiel der Akteure, auch wenn zumindest mir diese Übermenschlichkeit aus Tanz, Gesang, Schauspiel und gutem Aussehen der Musicaldarsteller Ehrfurcht einflößt. Ich komm aber nicht umher meinen überaus schicken Zeitungshut vor dieser grandiosen Leistung zu ziehen. 





Um 22:30 Uhr verlassen wir schließlich die Show. Immer noch mit Konfetti im Haar und mit Tou Tou Tou Tou Tou Tou Touch Me im Ohr. Wir waren uns alle einig, dass wir noch nie etwas Vergleichbares erlebt hatten und tanzten gleichzeitig weiter die Choreografie zu Time Warp. Es ist schließlich just a jump to the left ... and then a step to riiiiiight! Ich kann euch nur alle raten, nehmt die Möglichkeit war die Rocky Horror Show einmal live zu erleben. Wann und wo auch immer. Die Münchner haben zumindest die Chance jeden Freitag und Samstag Abend den Film im Museum Lichtspiele zu bestaunen. Wir werden diese Möglichkeit definitiv irgendwann wahrnehmen. 

Let’s do the time warp again!

Sonntag, 15. März 2015

ZehnGrammLeben - #5 Sonnenaufgang vs. Sonnenuntergang


Man kann über die banalsten Fragen diskutieren. Vor allem wenn man nichts anderes zu tun hat und einem gerade der Kompass für das Leben fehlt. Und ähnlich wie die Frage nach dem halbvollen oder halbleerem Glas, disputierten neulich eine Freundin und ich darüber was schöner ist: Sonnenaufgänge oder Sonnenuntergänge. 

In die Gewichtung miteinbezogen wurden Farben, Licht, Sexappeal, Romantik und Symbolik. Gut, Letzteres aber auch nur, weil ich immer allem ein Bedeutung zumessen muss. Und an dieser Stelle sei verraten, dass ich vehement die Seite der Sonnenaufgänge bezogen habe. Sonnenuntergänge sind doch total Mainstream und sowieso nur eine Erfindung Hollywoods. Aufgänge sind hingegen ein symbolisches Abbild all dessen, was man auf sich nehmen musste um eben dieses Phänomen betrachten zu können. Sei es die Nacht die man mit Freunden komplett durchgefeiert hat oder seien es die 500 Höhenmeter, die man zurückgelegt hat, nur um die Sonne über den Gipfeln aufgehen zu sehen. Sonnenaufgänge sind die Wissenschaftsclubmitglieder in amerikanischen High Schools neben all den Quarterbacks und Cheerleadern: Es gibt sie genauso oft, nur beachtet sie keiner. Wie oft stehen wir morgens auf, recken unsere Hände gen Himmel und bemerken doch nicht vor lauter Sand in den Augen wie die Sonnenstrahlen über den Horizont kriechen. Irgendwann ist es dann halt hell. 




Natürlich verstehe ich aber auch die Faszination von Sonnenuntergängen. Stehen sie doch für alles Vergangene, für alles hinter sich Gelassene und für alle Wünsche und Sehnsüchte, die man unter Tags nicht verwirklich konnte. Und gerade in einer Zeit, in der man am besten schon vorgestern die Termine von übermorgen erledigt haben sollte ist dies ein wunderbarer Anker an dem man sich gerne festkrallt. Vor allem, weil man solche Anker immer mit Sommer, Meer und Sex am Strand verbindet ... und nicht mit Aufstehen, Kaffee und Arbeit! 




Trotzdem bin ich wohl genau wie bei dem Glas ein grenzenloser Optimist, sehe in den Dingen lieber den Anfang als das Ende und genauso wie in jedem Film und in jeder Serie fiebere ich für die Nerds, für die Außenseiter für die Randgruppen. Ob Aufgang oder Untergang ist daher vielleicht nicht die entscheidende Frage, sondern eher was von den beiden dein persönlicher Außenseiter des Tages ist. Und wenn wir mal ehrlich sind: Letztendlich ist der einzige Unterschied zwischen den beiden Phänomenen auch nur die Himmelsrichtung.  Und dafür braucht man schließlich auch einen Kompass.